Randbemerkung mit großer Schlagkraft

Anlässlich des internationalen Umwelttages (05.06.2021) machte Olivier Francois, CEO der Marke Fiat, eine aufsehenerregende Ankündigung: „zwischen 2025 und 2030 wird die Produktpalette von Fiat schrittweise rein elektrisch werden. Das wird eine radikale Veränderung für unsere Marke sein“, sagte Francois während eines Gesprächs mit dem Architekten und Stadtplaner Stefano Boeri.

Man könnte meinen, solch ein einschneidender Plan würde auf der Bühne groß präsentiert werden. Oder zumindest in einer eigenen Medienaussendung verkündet. Aber nein, stattdessen fällt der oben zitierte Satz beiläufig in einer Presseaussendung über eine Unterhaltung zwischen dem Fiat-Chef und einem auf nachhaltige Stadtentwicklung spezialisierten Architekten. Ganz nebenbei, im vierten Absatz.


Beliebtestes Basisfahrzeug bis 2030 nur noch elektrisch?

Francois' Aussage, noch innerhalb dieses Jahrzehnts auf Diesel- und Benzinmotoren verzichten zu wollen, schlägt hohe Wellen. Insbesondere unter Campern ist der Fiat Ducato das am weitest verbreitete Basisfahrzeug für Wohnmobile. Doch wie realistisch ist der Zeitplan? Und kann die Antriebstechnologie so bald vorangetrieben werden, damit Reichweitendefizite die Urlaubsreise nicht beeinträchtigen?


Elektrische Wohnmobile: Studie und Serie

2018 stellte Dethleffs den e.home erstmals auf der CMT vor. Das elektrisch betriebene Reisemobil bleibt bis heute eine Studie.
2018 stellte Dethleffs den e.home erstmals auf der CMT vor. Das elektrisch betriebene Reisemobil bleibt bis heute eine Studie. © Landesmesse Stuttgart

Ganz so neu ist die Idee elektrisch betriebener Wohnmobile nicht. In den vergangenen Jahren wurden auf Messen wie der CMT Stuttgart oder dem Caravan Salon in Düsseldorf Wohnmobile mit Elektroantrieb vorgestellt. Während einige E-Wohnmobile, darunter der Dethleffs e.home, bis heute nur Studien bleiben, haben es wenige Modelle, wie der WOF Iridium in Serie geschafft. Bedingt durch den Listenpreis von knapp 170.000 Euro und einer Reichweite von 400 Kilometern, sind die verkauften Stückzahlen jedoch sicherlich überschaubar.

Fortgeschrittener ist die Marktreife dagegen bei den kompakten Campingbussen und Minicampern auf Basis von VW Caddy, Renault Berlingo und vergleichbaren Fahrzeugen. Aber auch hier erhält der Camper weniger Reichweite für mehr Geld. Dafür gibt es das gute Gewissen, noch umweltfreundlicher Urlaub zu machen, als es Camping ohnehin schon ermöglicht.


Fiats E-Ducato mischt bereits bei Transportern mit

© Stellantis

Schon heute ist der Elektroantrieb dem Fiat Ducato nicht ganz fremd. Im Sommer 2020 stellte Fiat den E-Ducato vor, erhältlich in zwei verschiedenen Batteriekonfigurationen mit 235 beziehungsweise 370 Kilometern Reichweite. Angeboten wird der elektrische Fiat Ducato bereits in den drei Karosserievarianten Transporter, Fahrgestell und Kastenwagen. Für ein elektrisch betriebenes Wohnmobil müsste Fiat den E-Ducato also nicht neu erfinden. Optimierungspotenzial besteht allerdings hauptsächlich bei der Zuladung, die durch die schweren Batterien gewöhnlich niedriger ausfällt, als bei dieselbetriebenen Transportern.


Fiats Elektro-Pläne: Nutzfahrzeuge nicht betroffen

Damit Francois' Plan von der reinen Elektroflotte aufgeht, muss Fiat in den kommenden neun Jahren noch einiges optimieren. Nicht nur in Sachen Antriebstechnologie, denn auch die Zusammenarbeit mit den Zulieferern weist noch Schwachstellen auf. Erst im April musste Fiat die Produktion des elektrischen Kleinwagens 500 drosseln. Offenbar aufgrund ausbleibender Batterie-Lieferungen, wie der italienische Metallarbeiterverband FIM bekanntgab.

Wie Fiat auf Nachfrage unseres Blogs verdeutlicht, beziehe sich Francois' E-Mobilitäts-Plan ausschließlich auf die Fahrzeuge der Marke Fiat. Der Ducato ist jedoch Teil der Marke Fiat Professional und werde demnach von der Umstellung auf reine Elektomobilität nicht betroffen sein

"Fiat Professional wird den E-Ducato nahezu in derselben Vielfalt anbieten wie die Diesel-Versionen [...] Wir sind in ständigem Austausch mit unseren Kunden, den Reisemobil-Herstellern."

Dennoch steht Fiat Deutschland in Bezug auf Elektroantriebe bereits im Austausch mit den Reisemobil-Herstellern. "Fiat Professional wird den E-Ducato nahezu in derselben Vielfalt anbieten wie die Diesel-Versionen. Daher wird auch das Fahrgestell mit Kabine dabei sein, das auch als Basis für Reisemobile genutzt werden kann", so ein Pressesprecher.


Fazit: Fiat unter Strom - aber nicht ausschließlich

Umweltbewusstsein liegt im Trend. Das gilt auch für die Automobilindustrie. Als Stichtag für die endgültige Verkehrswende wird das Jahr 2030 gehandelt. Bis dahin will auch Autobauer Volvo den Verbrennungsmotor aus der Produktpalette tilgen. Auch von politischer Seite gibt es immer mehr Bewegungen in Richtung E-Mobilität: mehrere skandinavische Länder haben bis Ende dieses Jahrzehnts bereits ein Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor angekündigt. Wer bis dahin an Benzin oder Diesel festhält, wird diese Märkte verlieren. 

Fiat hat also guten Grund, in E-Mobilität zu investieren. Laut Fiat gibt es aber keine Pläne, den Ducato bis 2030 ausschließlich elektrisch anzubieten. Dennoch hat der Autobauer das Potenzial E-Mobilität erkannt und will elektrischen Reisemobilen auf Basis des E-Ducato keine grundsätzliche Absage erteilen.