Schiefe Stellplätze schlagen aufs Gemüt

Campen in Schräglage kann den Urlaub mit dem Wohnmobil vermiesen. Es erschwert das Einschlafen, in der Pfanne sammelt sich das Öl auf einer Seite und im Extremfall leidet sogar die Kühlleistung des Kompressorkühlschranks unter dem Schiefstand.

Viele Camper fahren daher nach der Ankunft auf dem Stellplatz auf Keile, um die Schräglage auszugleichen. Bei später Ankunft im Dunklen kann diese Art der Nivellierung jedoch Nerven und Zeit rauben. Unser Wohnmobil ist zudem mit 18-Zoll-Reifen ausgestattet. Diese breiten Pneus erfordern besonders große und schwere Auffahrkeile, die entsprechenden Platz in der Heckgarage beanspruchen.


Komfortabel nivellieren mit hydraulischen Hubstützen

Bis zu zwei Tonnen kann jede einzelne Stütze stemmen.
Bis zu zwei Tonnen kann jede einzelne Stütze stemmen. © Fritz Berger

Häufig habe ich mit neidischem Blick beobachtet, wie mancher Camper sein Wohnmobil auf Knopfdruck „ins Wasser“ bringt – also absolut eben ausrichtet. Dabei fahren nacheinander vier Stützen aus, heben das Reisemobil leicht an und stellen es bretteben wieder ab. Hydraulische Hubstützen sind die Königsklasse der Nivellierungssysteme. Und purer Luxus, weshalb ich die Anschaffung einer Hubstützenanlage lange hinausgezögert habe.

Nur hydraulische Hubstützen können das Wohnmobil vollständig anheben. Mechanische Stützen dienen lediglich zur Stabilisierung, lassen die Reifen aber nicht vom Boden abheben.

Nach einer Wohnmobiltour mit täglichen Platzwechseln ist schließlich doch eine Entscheidung gefallen. Und zwar für die Hubstützen HLC Smart der Firma Goldschmitt. Womit ich auch wieder zur bereits erwähnten Heckgarage komme: Die bleibt nämlich frei, weil das Hydraulikaggregat unter dem Fahrzeug befestigt ist. Durch diese platzsparende Konstruktion eignet sich die Hubstützenanlage HLC Smart auch für kleine Wohnmobile und Campingbusse. Aber auch, wenn die Technik unter dem Fahrzeug verschwindet, sollte man das Gewicht des Nivelliersystems vor dem Kauf im Blick behalten. Denn die Hubstützenanlage reduziert die Zuladung um rund 76 Kilogramm.


Hubstützen Goldschmitt HLC Smart dienen auch als Waage

Im Wiegemodus sind die Achslasten und das Gesamtgewicht übersichtlich dargestellt.
Im Wiegemodus sind die Achslasten und das Gesamtgewicht übersichtlich dargestellt. © Screenshot: Fritz Berger

Bei meinem auf 4,5 Tonnen zugelassenen Eura Mobil Profila RS ist die Zuladungsreserve großzügig bemessen. Das bestätigt nach dem Einbau auch die in den Hubstützen integrierte Wiegefunktion. Ein praktisches Extra, das die Fahrt zu einer öffentlichen Waage überflüssig macht. Und ein weiteres Argument, das für die Investition in diese Anlage spricht.

Der Wiegemodus lässt sich über die zugehörige Smartphone-App aktivieren, dann fahren alle vier Stützen aus, heben das Fahrzeug an und ermittelt den Druck in den Stützen. Diesen Wert rechnet die Software in Kilogramm um und nennt die tatsächlichen Achslasten sowie das Gesamtgewicht des Wohnmobils. Der Vergleich mit einer geeichten Achslastwaage bestätigt die in der App genannten Werte.


Einbau nur bei geschulten und zertifizierten Werkstätten

Zunächst müssen Hubstützen und Aggregat jedoch erst einmal am Wohnmobil montiert werden. Rund 7.200 Euro kostet das Hubstützensystem inklusive Montage. Der Einbau kann entweder in einem der Goldschmitt-Technikcenter in Walldürn, Polch oder Leutkirch sowie bei einem der zahlreichen Premium-Partner erfolgen. Aufgrund der räumlichen Nähe vereinbarte ich einen Termin im Technikcenter Leutkirch im Allgäu. Praktisch für Kunden mit längerer Anreise: Ein Wohnmobilstellplatz befindet sich direkt hinter der Werkstatt.


Montage der Stützen mit fahrzeugspezifischen Halterungen

Alle Bauteile des hydraulischen Hubstützensystems HLC Smart.
Alle Bauteile des hydraulischen Hubstützensystems HLC Smart. © Fritz Berger

Bereits bei Bestellung der Hubstützen wurde ich nach dem Hersteller des Basisfahrzeugs beziehungsweise des Chassis gefragt. Denn die Halterungen für die vier Stützen sind in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich, damit sie sich ohne weitere Anpassungen an die verschiedenen Fahrgestelle von Fiat, Mercedes oder Alko fügen. Jede Halterung ist mit vier dicken Schrauben am Chassis befestigt. Die dafür notwendigen Bohrungen setzt der Techniker auf den Schweißnähten des Fahrgestells. Denn das sind die stabilsten Befestigungspunkte. Damit die Bohrlöcher später nicht rosten, werden sie mit Lack- und Wachsspray versiegelt.

Fertig montierte Hubstütze.
Fertig montierte Hubstütze. © Fritz Berger

Die Montage der vorderen Stützen verläuft routinemäßig. Lediglich ein Hitzeschutzblech muss der Techniker stellenweise abschneiden und zurechtbiegen. Am Heck wird es knifflig, da eine Rahmenverlängerung den Überhang stützt. Und diese Metallprofile sind den Hubstützen beim Ein- und Ausfahren im Weg. Die einzige Lösung: Der Fachmann muss die Rahmenverlängerung kürzen und zwei Winkelbleche um einige Zentimeter versetzen. Die Stabilität bleibt also trotz der Modifizierung erhalten.

Das Hitzeblech lässt sich mit einer Zange zurechtbiegen.
Das Hitzeblech lässt sich mit einer Zange zurechtbiegen. © Fritz Berger
Dieses Winkelblech wird mit einem Messer abgeschnitten und später an anderer Stelle wieder neu verklebt.
Dieses Winkelblech wird mit einem Messer abgeschnitten und später an anderer Stelle wieder neu verklebt. © Fritz Berger
Was nicht passt, wird passend gemacht: In diesem Fall kürzt der Profi die Rahmenverlängerung.
Was nicht passt, wird passend gemacht: In diesem Fall kürzt der Profi die Rahmenverlängerung. © Fritz Berger
Alle bearbeiteten Stellen sprüht der Profi abschließend mit Korrosionsschutz ein.
Alle bearbeiteten Stellen sprüht der Profi abschließend mit Korrosionsschutz ein. © Fritz Berger

Zentrales Aggregat unterscheidet HLC Smart vom Mitbewerber

Das Hydraulikaggregat wird am Fahrzeugrahmen befestigt. Die Staufächer bleiben somit frei.
Das Hydraulikaggregat wird am Fahrzeugrahmen befestigt. Die Staufächer bleiben somit frei. © Fritz Berger
Zum Vergleich: Ein im Bodenstaufach montiertes Aggregat aus Goldschmitts Pro-Serie.
Zum Vergleich: Ein im Bodenstaufach montiertes Aggregat aus Goldschmitts Pro-Serie. © Fritz Berger

Das wasser- und staubdichte Hydraulikaggregat findet seinen Platz mittig zwischen den Querstreben des Leiterrahmens. Die Einbauposition erfolgt quer (das ist später für die Konfiguration in der App wichtig), ein zusätzliches Blech schützt das Aggregat von unten gegen Steinschlag. Die Steuerelektronik inklusive Bluetooth-Schnittstelle für die Appsteuerung ist bereits im Aggregat integriert. Ein gesondertes Steuergerät im Innenraum ist somit nicht nötig.

Das zentrale Aggregat ist auch das offensichtlichste Unterscheidungsmerkmal zum Hubstützensystem HY-4 des Mitbewerbers Alko. Während bei Goldschmitts HLC Smart alle vier Stützen von einem Hydraulikaggregat versorgt werden, besitzen die Alko-Stützen jeweils ein eigenes, kleineres Aggregat. Als Vorteil nennt der Hersteller die kürzeren Leitungswege, da die Aggregate direkt neben den Stützen montiert sind. Aus Kundensicht ist es jedoch vorstellbar, dass vier Aggregate fehleranfälliger sind als eines.

Mein Wohnmobil hat eine Länge von 7,5 Metern. In diesem Fall werden für die Hubstützen Goldschmitt HLC Smart bis zu sieben Meter lange Hydraulikschläuche verlegt. Die Leitungen zieht der Techniker über und unter den Streben des Chassis hindurch und befestigt sie sauber mit Kabelbindern am Fahrgestell. An besonders exponierten Stellen (z.B. entlang scharfkantiger Bleche) werden die Schläuche mit einem Spiralschlauch als Kantenschutz ummantelt.

Alle Leitungswege werden ausgemessen. Danach kann der Techniker die Hydraulikschläuche in der benötigten Länge auswählen.
Alle Leitungswege werden ausgemessen. Danach kann der Techniker die Hydraulikschläuche in der benötigten Länge auswählen. © Fritz Berger
Die Kabel werden sauber entlang des Unterbodens verlegt. Kabelbinder helfen bei der Fixierung.
Die Kabel werden sauber entlang des Unterbodens verlegt. Kabelbinder helfen bei der Fixierung. © Fritz Berger

Serviceorientiert: auf mögliche Problemfälle vorbereitet

Die farbigen Klebestreifen dienen der Zuordnung der einzelnen Schlauchenden.
Die farbigen Klebestreifen dienen der Zuordnung der einzelnen Schlauchenden. © Fritz Berger

Die Anschlüsse an Stützen und Aggregat erfolgen über Schraubverbindungen mit Überwurfmutter. Damit sich die Schlauchenden auch später noch den richtigen Stützen zuordnen lassen, ist jede Hydraulikleitung mit einem farbigen Klebeband markiert. Sollte es zu einem Defekt an den Schläuchen kommen, kann der Techniker schnell identifizieren, welcher Schlauch zu welcher Stütze führt. Da auch zahlreiche andere Schläuche und Kabel entlang des Unterbodens verlaufen, lässt sich der Weg der schwarzen Hydraulikleitungen nicht ohne Weiteres nachverfolgen.


Verbindung mit Stromnetz und Bordelektronik herstellen

Die Stromversorgung des Hydraulikaggregats ist mit einer eigenen Sicherung versehen. Das rote Kabel ist am Pluspol der Bordbatterie angeschlossen.
Die Stromversorgung des Hydraulikaggregats ist mit einer eigenen Sicherung versehen. Das rote Kabel ist am Pluspol der Bordbatterie angeschlossen. © Fritz Berger

Nachdem Stützen und Aggregat miteinander verkabelt sind, muss das Hubstützensystem noch mit der Bordelektronik verbunden werden. Dazu zieht der Fachmann drei Kabel durch den Motorraum in den Fußraum zwischen Pedalerie und Fahrersitz. In meinem Fall ist dazu keine weitere Bohrung notwendig, denn mein Wohnmobil besitzt bereits eine Zusatzluftfeder, die mit einem Bedienteil im Cockpit verbunden ist.

  • Über eines der Kabel erhält das Hydraulikaggregat Strom. Es wird an der Bordbatterie angeschlossen, damit das Ein- und Ausfahren der Stützen die Fahrzeugbatterie nicht belastet. Außerdem lassen sich die Stützen somit auch bei abgeschaltetem Motor bedienen.
  • Ein weiteres Kabel leitet beim Motorstart ein Signal an die Hubstützenanlage. Diese Verbindung dient dazu, dass die Stützen bei eingeschaltetem Motor selbstständig einfahren.
  • Am Ende eines dritten Kabels befindet sich ein Stecker für den 12-Volt-Anschluss (Zigarettenanzünder). Dabei handelt es sich um die Notentriegelung. Sollten die Stützen aufgrund einer Fehlfunktion einmal nicht einfahren, lässt sich das Hydrauliksystem über die Notentriegelung entkoppeln. Das Öl fließt dann aus den Stützen zurück in den Behälter und nimmt Druck aus dem System. Dadurch lassen sich die Stützen mit Gegendruck einziehen. Dieses Kabel für die Notentriegelung findet seinen Platz unter dem Fußraum vor dem Fahrersitz. Und wird dort hoffentlich auch für alle Zeit bleiben.
Über eine Spritze füllen die beiden Werkstattmitarbeiter Hydrauliköl in die Hubstützenanlage ein.
Über eine Spritze füllen die beiden Werkstattmitarbeiter Hydrauliköl in die Hubstützenanlage ein. © Fritz Berger

Zum Schluss füllt der Techniker noch etwas Hydrauliköl mit einer großen Spritze ein, dann beginnt auch schon ein erster Funktionstest. Dabei fahren alle Stützen langsam aus- und wieder ein, während der Fachmann in der Werkstattgrube steht und auf eventuell austretendes Öl achtet. Damit alle Zylinder reibungslos ein- und ausfahren, werden sie mit Öl besprüht. Das Ölen sollte auch erfolgen, wenn die Hubstützen mehrere Wochen lang ausgefahren sind. Das schont die Zylinder vor Staub und Sand.


Bedienung per App und Fernbedienung

Die Oberfläche der App ist einfach gehalten.
Die Oberfläche der App ist einfach gehalten. © Screenshot: Fritz Berger

Konfigurieren und steuern lässt sich die Hubstützenanlage HLC Smart über eine Smartphone-App. Diese verbindet sich via Bluetooth mit der Anlage. Im Normalfall nutzt man zur Betätigung der Stützen den automatischen Modus. Nach einem Fingerdruck auf das entsprechende Symbol fahren die Stützen langsam aus und bringen das Wohnmobil in die zuvor konfigurierte Position. Die Hubstützen HLC Smart können aber noch mehr: So lassen sich in der App auch eine Schlafposition (z.B. mit erhöhtem Kopfteil) und eine Position zur Entleerung des Grauwassertanks konfigurieren und einspeichern. Bei Bedarf können im manuellen Modus auch einzelne Stützen oder Stützenpaare bewegt werden.

Auch eine kabellose Fernbedienung gehört zum Lieferumfang. Deren Oberfläche ist identisch zur App aufgebaut, der Funktionsumfang bezüglich des Programmierens eigener Positionen ist bei der Fernbedienung jedoch eingeschränkt. Ich nutze ausschließlich die App und führe die Fernbedienung als Reserve mit, falls das Smartphone defekt ist oder gestohlen werden sollte.

Ein vollständiger Nivelliervorgang dauert etwa zwei Minuten, abhängig von der Lage des Untergrunds. Die Stützen fahren sehr langsam aus, damit das Fahrzeug durch die enormen Kräfte nicht beschädigt wird. Das Erreichen der finalen Position signalisiert die Hubstützenanlage mit einem deutlich hörbaren Piepton.

Mehr zum Thema Hubstützen sowie eine Marktübersicht aktuell erhältlicher Hubstützensysteme findest du in diesem Beitrag.


Fazit: hoher Komfort für Vielfahrer

Hubstützen muss man nicht haben. Hat man den Komfort der automatischen Nivellierung aber einmal genossen, will man die Stützen nicht mehr missen. Hydraulische Hubstützen empfehle ich Campern, die ihr Wohnmobil intensiv nutzen und auf ihren Reisen häufig den Standort wechseln. Dann macht sich der Komfort des automatischen Nivelliersystems bezahlt.