Marktanteil von E-Autos steigt unaufhaltsam
Auf Deutschlands Straßen sind immer mehr elektrisch angetriebene Fahrzeuge unterwegs. Trotz anhaltender Rohstoffkrise, die vor allem die Herstellung von Chips und Batterien ausbremst. Im Juli 2024 beträgt der Marktanteil der Elektroautos 14,6 Prozent.
Einer Prognose der Unternehmensberatung PwC zufolge werden die Marktanteile von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben und Verbrennern bereits in wenigen Jahren gleichziehen.
Nur wenige E-Autos mit nennenswerter Anhängelast
Bei dieser Entwicklung ist es wenig verwunderlich, dass auch immer mehr Caravaner ein E-Fahrzeug als Zugwagen in Erwägung ziehen. Schließlich werden die Reichweiten immer größer, die Ladezeiten kürzer und das Ladenetz besser ausgebaut. Doch mit dem Wohnwagen im Schlepptau ist die Anhängelast entscheidend. Und da trennt sich die Spreu vom Weizen, zumal viele E-Autos überhaupt nicht mit einer Anhängekupplung ausgestattet werden können.
Viele Hersteller statten ihre Elektroautos mittlerweile mit Anhängerkupplung aus. So kann schonmal ein Fahrradträger montiert werden. Nicht alle E-Autos mit Anhängerkupplung sind allerdings für den Anhängerbetrieb freigegeben (wie der VW ID.3), da das zusätzliche Gewicht die ohnehin bereits stark beanspruchten Batterien noch schneller ermüden lässt. Außerdem sind die verwendeten E-Antriebe noch nicht ausreichend unter Dauerbelastung erprobt. Und einen drohenden Imageschaden durch reihenweise überlastete E-Motoren will schließlich kein Hersteller riskieren.
Wohnwagentaugliche E-Autos im Überblick
Bereits bei vielen Einsteiger-Wohnwagen beträgt die zulässige Gesamtmasse mindestens 1.000 Kilo, in der Mittelklasse sind moderne Caravans mit 1.500 bis knapp 2.000 Kilo zu finden. Eine echte Herausforderung, der nur wenige Elektroautos gewachsen sind.
Fahrzeugmodell | max. Anhängelast gebremst | max. Reichweite (lt. Hersteller) | max. Batteriekapazität | Preis ab |
Audi e-tron | 1.800 kg | 578 km | 114 kWh | 75.900 Euro |
BMW iX | 2.500 kg | 630 km | 111,5 kWh | 100.000 Euro |
Hyundai Ioniq 5 | 1.600 kg | 507 km | 72,6 kWh | 48.900 Euro |
Kia EV6 | 1.600 kg | 528 km | 77,4 kWh | 46.990 Euro |
Mercedes EQC | 1.800 kg | 433 km | 80 kWh | 71.000 Euro |
Opel Mokka eletric | 1.200 kg | 338 km | 54 kWh | 40.000 Euro |
Polestar 2 Standard Range | 1.500 kg | 659 km | 67 kWh | 48.990 Euro |
Skoda Enyaq Allrad | 1.200 kg | 520 km | 77 kWh | 58.000 Euro |
Tesla Y | 1.600 kg | 533 km | 79 kWh | 44.990 Euro |
Volvo XC40 Recharge Essential | 1.500 kg | 580 km | 69 kWh | 58.900 Euro |
VW ID.4 GTX | 1.400 kg | 524 km | 82 kWh | 53.255 Euro |
Unterschiedliche Bemessungsgrundlage
Bei manchen Fahrzeugherstellern hängt die maximale Anhängelast von der Batteriegröße des Fahrzeuges ab, bei anderen davon, ob es ein zwei- oder allradgetriebenes Fahrzeug ist.
Anhängerbetrieb lässt Reichweite bei E-Autos schrumpfen
Die von den Herstellern kommunizierten Reichweitenangaben sind als Maßstab für den Anhängerbetrieb nicht geeignet. Da es jedoch keine vergleichbaren Reichweiten für die Fahrt mit Wohnwagen gibt, habe ich die Tabelle (oben) auf Herstellerangaben nach WLTP -Messung beschränkt. Die Hersteller beziffern die Reichweite ihrer Autos meist nach dem Messverfahren WLTP.
Ein Praxisbeispiel: Wie weit ein Gespann mit E-Antrieb tatsächlich kommt, hat das Fachmagazin Autozeitung im Rahmen eines Praxistests ermittelt. Dazu hängten die Tester einem Volvo XC40 Recharge einen Weinsberg Caracito 450 FU mit einem Leergewicht von ca. 920 kg an den Haken. Wohnanhänger und Zugwagen wurden mit insgesamt 600 Kilo Gepäck beladen, um realistische Bedingungen zu schaffen.
Den Fahreigenschaften sowie der Leistungsfähigkeit der beiden Elektromotoren attestieren die Tester durchweg gute Noten. Allerdings endete die Fahrt mit Wohnwagen bereits nach 214 Kilometern. Ein kurzer Spaß für ein knapp 65.000 Euro teures E-Auto. Bei einer Vergleichsfahrt ohne Anhänger hielten die Batterien immerhin 108 Kilometer länger durch. Aber selbst das ist wenig im Vergleich zu sparsamen Dieselmotoren, die ohne Tankstop Entfernungen im vierstelligen Kilometerbereich zurücklegen. Über alle E-Fahrzeuge hinweg halbierte sich die Reichweite in Verbindung mit einem schweren Wohnwagen sogar auf die Hälfte des üblichen Wertes, so der ADAC.
Spezielle Wohnwagen können Reichweitendefizit ausgleichen
Zu einer effizienten Nutzung der E-Mobilität muss auch die Caravanbranche einen Teil beitragen. Erste Wohnwagenhersteller optimieren ihre Wohnanhänger bereits für die Kombination mit einem Elektroauto. Schon 2016 stellte Knaus den auf der Fibre-Frame-Technologie basierenden Travelino vor. Dabei werden geschäumte und versiegelte Formteile mittels Ultraschall miteinander verschweißt. Der so entstehende Rahmen soll 500 Kilo leichter sein als übliche Caravanrahmen. Insgesamt brachte es der 5,19 Meter lange Wohnwagen auf ein zulässiges Gesamtgewicht von 750 Kilo bei 100 Kilo Zuladung. Zwar wurde der Travelino 2021 eingestellt, die Fibre-Frame-Technologie lebt aber im Knaus Deseo weiter.
Hersteller Dethleffs hält sogar selbstangetriebene Wohnwagen für möglich. Mit der Studie Dethleffs e.Home haben die Allgäuer einen ersten Prototyp eines Wohnwagens mit E-Motor und eigener Batterie realisiert. Der elektrische Antrieb unterstützt den Zugwagen als eine Art Range-Extender und entlastet somit den E-Antrieb des Autos. Laut Dethleffs soll der elektrisch angetriebene Wohnwagen sogar sämtliche Reichweitenverluste kompensieren. Dass es sich dabei nicht nur um Zukunftsmusik handelt, hat Dethleffs bereits im Rahmen einer Alpenüberquerung bewiesen. Ein Gespann aus Audi e-tron und Dethleffs e.Home Coco legte die 386 Kilometer lange Strecke von Isny im Allgäu nach Riva am Gardasee erfolgreich ohne Ladepause zurück.
Dethleffs e.Home: Rekordfahrt über die Alpen
Im Januar 2022 zeigte der legendäre amerikanische Wohnwagenhersteller Airstream auf der RV Supershow in Florida ebenfalls ein Konzept für einen elektrisch angetriebenen Wohnwagen, den eStream. Auch wenn Airstream keine Details zur verwendeten Technik nennen möchte, gilt es als sicher, dass der verwendete Antrieb auf der Studie von Dethleffs basiert. Schließlich gehören beide Marken zum amerikanischen Konzern Thor Industries. Sowohl bei Dethleffs e.Home als auch dem Thor eStream ist übrigens kein gesonderter Rangierantrieb nötig. Denn zum Rangieren lassen sich die zwei integrierten 30 kW-Motoren nutzen.
Rekuperieren mit Wohnwagen
Elektroautos rekuperieren, das heißt, sie nutzen vorwiegend die Motorbremse und können dabei Strom erzeugen. Nur bei ungebremsten Anhängern lässt sich durch das höhere Gewicht des Gespanns mehr Energie beim Bremsen zurückgewinnen. Bei einem gebremsten Anhänger, wie es alle großen Wohnwagen sind, wirkt sich die Bewegungsenergie des Anhängers nicht aus, wenn die Auflaufbremse greift.
Ladestationen bieten selten Platz für Gespanne
Geringe Reichweiten wären weniger ein Hindernis, wenn sich E-Autos unkompliziert und schnell laden ließen. Im Alltag zeigt sich jedoch, dass die Parkflächen an den Ladesäulen nicht immer für Gespanne ausgelegt sind. Für Camper gestaltet sich das Heranfahren an die Ladesäule somit problematisch. Immer häufiger werden inzwischen jedoch auch Schnellladesäulen entlang der Autobahn aufgebaut, die wie eine klassische Tankstelle als Durchfahrt-Ladestandorte konzipiert und somit auch für Gespanne tauglich sind.
Drive-Through-Ladestation
Viele Ladestationen von fastned sind als Station mit Durchfahrtskonzept gedacht. Da sie als sogenannte Drive-Through-Station mit geräumigen Ein- und Ausfahrtsspuren konzipiert ist, kannst du hier auch mit Gespann heranrollen und problemlos wieder wegfahren.
Fazit: Theorie ist nicht gleich Praxis
Für Caravaner wird der Traum von der Elektromobilität vorerst schwierig umsetzbar bleiben. Die Ansätze der Wohnwagenhersteller sind zwar vielversprechend, jedoch scheitert es vielerorts noch an der praktischen Umsetzung. Insbesondere mangelt es noch an einer geeigneten Ladeinfrastruktur für Gespanne.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die E-Mobilität immer noch in den Kinderschuhen steckt. Wenn wir die ersten frühen Elektroautos des 19. Jahrhunderts außer Acht lassen, sind serienreife E-Autos erst seit den 1990er-Jahren erhältlich. Für diese verhältnismäßig kurze Entwicklungsgeschichte ist die E-Mobilität eigentlich schon ein gutes Stück vorangeschritten.