Elektromobilität spaltet die Gemüter

Technik ist ständigem Wandel unterworfen. Während manche Menschen Veränderungen mit Neugier begegnen, reagieren andere mit Skepsis. Tatsache ist jedoch, dass die E-Mobilität unaufhörlich Fahrt aufnimmt und die Automobilindustrie auf eine elektrifizierte Zukunft hinarbeitet.

Das trifft auch auf die Reisemobilbranche zu. Lange gab es hier keine so gravierenden Neuerungen mehr, weshalb Diskussionen über den Einsatz von Elektromotoren durchaus berechtigt sind. Aber was ändert sich am Wohnmobil eigentlich, wenn es durch den elektrischen Antrieb zum E-Wohnmobil wird?


Reichweite noch ausbaufähig

Thema Nummer eins bei E-Autos und damit auch E-Reisemobilen ist die Reichweite. Zu wenig Strecke lasse sich mit dem Elektroantrieb machen, während die Zahl der Ladepausen zu hoch ausfällt, bemängeln Kritiker. Teilweise lassen sich diese Schwachpunkte auch nicht abstreiten. Allerdings finden Campingreisen im Normalfall nicht im Eiltempo statt. Daher lassen sich Abstriche bei der Reichweite eher verschmerzen, als bei alltäglichen Autofahrten. Dennoch: viel mehr als 200 Kilometer sind mit einer Batterieladung kaum möglich. Manche Hersteller versprechen zwar Reichweiten zwischen 300 und 400 Kilometer, unabhängige Praxistests konnten die beworbenen Werte jedoch nie bestätigen.


Batterien reduzieren Zuladung

Beim Campen ist die Zuladung noch wichtiger als Reichweite. Während sich Dieseltanks unter dem Fahrzeug befinden, sind die Batterien bei vielen E-Reisemobilen im Innenraum untergebracht. Das kostet Stauraum. Aber auch, wenn die Akkus außerhalb des Laderaums befestigt sind, reduzieren sie durch ihr Eigengewicht die Zuladung.


Gedrosselte Geschwindigkeit

Für viele Camper ist die hohe Geschwindigkeit ein Argument für den Kauf eines kompakten Campingbusses. Statt mit 100 km/h auf der Lkw-Spur zu zuckeln, zieht man flott an den behäbigen Reisemobilen der Ü-3,5-Tonnen-Klasse vorbei. Mit einem E-Campingbus lässt man die Dickschiffe zwar immer noch hinter sich, bei 130 Km/h ist aber bei vielen elektrischen Campern Schluss. Zum Wohle der Batterie.


Kurze Chronik der E-Reisemobile

Die Studie Dethleffs e.Home lenkte auf dem Caravan Salon 2017 erstmals die Aufmerksamkeit der Camper auf das Thema E-Reisemobile. Zwei Jahre später kündigte das Unternehmen WOF mit dem Iridium das erste vollelektrische Wohnmobil in Serienfertigung an – zumindest in Kleinserie. Seitdem geht es Schlag auf Schlag und immer mehr Reisemobilhersteller widmen sich dem Thema E-Mobilität. Auch der Autobauer Nissan hat, zumindest in Spanien, bereits 2018 einen elektrischen Camper auf Basis des eNV200 eingeführt.

Auffallend: Im Bereich der Campingbusse gibt es derzeit die meiste Bewegung in Richtung Elektrifizierung. Flowcamper, Tonke und Pössl kündigen noch für dieses Jahr erste serienreife E-Campingbusse an. Bedenkt man, dass immer mehr Autohersteller ihre Kleintransporter mit Elektroantrieb anbieten, ist diese Entwicklung auch bei den Campingbussen naheliegend.


Große Reisemobile mit E-Antrieb

Dethleffs e.Home 2017

Das elektrische Reisemobil Dethleffs e.Home ist ein wahrer Blickfang. Wie hier auf der CMT 2018.
Das elektrische Reisemobil Dethleffs e.Home ist ein wahrer Blickfang. Wie hier auf der CMT 2018. © CMT

Mit seinen großflächig angebrachten Solarmodulen ragte der Dethleffs e.Home aus der Masse der Ausstellungsfahrzeuge auf dem Caravan Salon 2017 heraus. Basis für das elektrische Reisemobil aus der Erwin Hymer Group bildet ein Iveco Daily, angetrieben von einem 80 kW (109 PS) starken Elektromotor. Die Reichweite soll 200 Kilometer betragen, bei 80 km/h ist allerdings die Spitzengeschwindigkeit erreicht.

Auch im Wohnraum gibt es in Sachen Strom einige Besonderheiten: Eine kabellose QR-Ladestation tankt das Smartphone auf, zahlreiche LEDs erzeugen einen Sternenhimmel im Alkoven und eine spezielle Leuchtfolie dient gleichzeitig als Spiegel.

Dethleffs hat bereits mit dem E-Wohnwagen e.Home eine Alpenüberquerung gemeistert. 


Knaus E-Power Drive 2021

Beim E-Power Drive soll es sich bereits um eine seriennahe Studie handeln.
Beim E-Power Drive soll es sich bereits um eine seriennahe Studie handeln. © Knaus

Auf dem Caravan Salon 2021 zeigte auch Knaus eine Studie für ein elektrisch angetriebenes Wohnmobil. Der Knaus E-Power Drive basiert auf dem teilintegrierten Reisemobil Knaus Van TI 650 MEG Vansation und ist optisch nahezu identisch mit dem Serienfahrzeug. Unter der Haube wurde der Dieselmotor jedoch durch einen 180 kW starken E-Antrieb ersetzt. Damit sollen Geschwindigkeiten von über 110 Stundenkilometern möglich sein. 

Im rein elektrischen Betrieb ist allerdings nach 90 Kilometern pro Stunde Schluss. Kurz bevor die Batterie erschöpft ist, springt ein Range Extender in Form eines benzinbetriebenen Wankelmotors ein. Dieser versorgt die Fahrbatterie mit Energie und liefert gleichzeitig Strom mit 230 Volt an den Wohnaufbau. Knaus selbst bezeichnet das Reisemobil E-Power Drive als seriennahe Studie. Für ein mögliches Serienmodell plane man jedoch, den benzinbetriebenen Range Extender durch eine Brennstoffzelle mit Wasserstoff zu ersetzen.

Knöpfe statt Wählhebel: Das Automatikgetriebe beim Knaus E-Power Drive lässt sich über Drucktasten bedienen.
Knöpfe statt Wählhebel: Das Automatikgetriebe beim Knaus E-Power Drive lässt sich über Drucktasten bedienen. © Knaus

WOF Iridium 2019

Das Reisemobil WOF Iridium erlangte früh die Aufmerksamkeit der Branche.
Das Reisemobil WOF Iridium erlangte früh die Aufmerksamkeit der Branche. © Caravan Salon Düsseldorf

Bei dem Wohnmobilveredler WOF ging alles ganz schnell. Innerhalb eines Jahres stellte das Unternehmen zwei Generationen seines elektrischen Reisemobils Iridium vor. Und betonte gleich: Beim E-Reisemobil WOF Iridium handele es sich nicht um eine Studie, auch nicht um einen Prototyp, sondern um ein bestellbares Serienfahrzeug – wenn auch nur in Kleinserie von 30 Fahrzeugen.

Exklusiv ist auch der Preis, denn der beginnt bei 170.000 Euro für die Modellvariante mit 143 PS und 86,4 kWh Batterie. Bis zu 400 Kilometer Reichweite sollen mit dem 4,8 Tonnen schweren WOF Iridium möglich sein. Dank Ladetechnik mit CCS-Standard und 100 kW Leistung soll der Ladevorgang nur zwei Stunden dauern – vorausgesetzt, man findet unterwegs eine kompatible Ladestation.


Kompakte Campingbusse mit E-Antrieb

Flowcamper Frieda Volt

Flowcamper recycelt alte VW Busse und spendiert ihnen ein neues, elektrifiziertes Leben.
Flowcamper recycelt alte VW Busse und spendiert ihnen ein neues, elektrifiziertes Leben. © Flowcamper

Flowcamper verfolgt einen besonders nachhaltigen Ansatz. Der Ausbauer aus Nordrhein-Westfalen setzt nicht nur auf Elektromobilität, sondern recycelt auch ausrangierte VW Busse. Denn als Basis für den Flowcaper Frieda Volt dienen alte VW T5 und T6. Die Verbrennungsmotoren ersetzt Flowcamper durch einen E-Antrieb und montiert einen 70 kWh starken Batterieblock unter das Fahrzeug.

Laut Hersteller sollen sich die Akkus auch auf Campingplätzen über den CEE-Anschluss laden lassen. Bei maximal 8 Ampere ist dann allerdings viel Geduld gefragt. Bei einem Aufenthalt über Nacht fällt der Zeitfaktor aber wohl weniger ins Gewicht. Auch mit Hilfe von Solar-Panelen sollen sich die Batterien auftanken lassen. Zwei Solarmodule kündigt Flowcamper an: ein 400 Watt starkes Modul für das Aufstelldach sowie ein optionales Panel, mit ebenfalls 400 Watt Leistung, für die Markise. 

Bisher handelt es sich beim elektrischen Flowcamper um einen Prototyp. Wann der E-Campingbus Frieda Volt in Serie erscheint, ist noch unbekannt. Auf jeden Fall wolle man die Markteinführung noch vor dem Erscheinen des VW ID.Buzz California über die Bühne bringen, so der Plan des Unternehmens. Der Preisrahmen könnte zwischen 55.000 und 65.000 Euro betragen.


LEVC e-Camper: Elektrobus made in England

Die Frontpartie des e-Camper erinnert an die traditionellen Londoner Taxis.
Die Frontpartie des e-Camper erinnert an die traditionellen Londoner Taxis. © LEVC

Hierzulande dürfte die Marke LEVC nur eingefleischten Fans englischer Automobilkultur bekannt sein. Bisher vertreibt das Unternehmen ein elektrisches Taxi sowie einen Kleintransporter im Retro-Look. Auf Basis des VN5 genannten Kleinbusses möchte LEVC auch einen Campingbus namens e-Camper auf den Markt bringen. Eigentlich war die Markteinführung bereits für das vierte Quartal 2021 angekündigt – allerdings veröffentlichte LEVC seitdem keine Neuigkeiten mehr zu dem geplanten Modell. Ob und wann der e-Camper erhältlich sein wird, ist daher ungewiss.

Bei dem Kleinbus VN5 handelt es sich nicht um ein reines Elektrofahrzeug. Die elektrische Reichweite gibt der Hersteller mit lediglich 98 Kilometern an. Für die maximal mögliche Strecke von 489 Kilometern muss dann doch ein 150 PS starker Benziner als Range Extender herhalten.

Für den Campingbus e-Camper kündigt LEVC folgende Ausstattungsmerkmale an: eine Küchenzeile mit elektrisch betriebenem Kochfeld, einen ausklappbaren Tisch, drehbare Cockpitsitze sowie eine zum Doppelbett umlegbare Sitzbank. Weitere Schlafmöglichkeiten soll es im Doppelbett unter dem Aufstelldach geben. Somit können bis zu vier Personen mit dem LEVC e-Camper verreisen.


Pössl E-Vanster ab April 2022 erhältlich

Noch 2022 soll der Vanster elektrisch fahren. Denn Citroën und Peugeot streichen den Dieselmotor aus dem Programm ihrer Kleintransporter.
Noch 2022 soll der Vanster elektrisch fahren. Denn Citroën und Peugeot streichen den Dieselmotor aus dem Programm ihrer Kleintransporter. © Pössl

Seit dem Jahreswechsel bieten Citroën und Peugeot ihre Kleintransporter nur noch elektrisch an. Zumindest für Endkunden. Pössl reagiert auf diese Entwicklung und führt den Kompaktcamper Vanster ab April 2022 auch als elektrisch angetriebenen E-Vanster. Die Basis, ein Citroën Spacetourer, leistet 100 kW (136 PS) bei einer Batteriekapazität von 75 kWh. Alle Stromspeicher sollen ins Chassis integriert sein und somit keinen Stauraum in Anspruch nehmen. Der Grundpreis für den ausgebauten E-Vanster soll 55.990 Euro betragen. Hinsichtlich der Ausstattung mit serienmäßigem Aufstelldach soll es keine Änderungen zum herkömmlichen Vanster geben. 

Hier erfährst du mehr über Campingbusse mit Aufstelldach.


E-Bulli VW ID.Buzz kommt im September 2022

Das Design des ID.Buzz ist eine Homoage an den ersten Bulli, der zwischen 1950 und 1967 produziert wurde.
Das Design des ID.Buzz ist eine Homoage an den ersten Bulli, der zwischen 1950 und 1967 produziert wurde. © VW

Im Jahre 1950 rollte der Kleinbus VW T1 erstmals serienmäßig über die Straßen der noch jungen Republik – und zog bald darauf hinaus in die Welt, wo er zahlreiche Campingenthusiasten begeisterte. 72 Jahre später kündigt VW eine elektrische Version des Kult-Vans an. Dabei erinnert das Design des ID.Buzz stark an den Ur-Bulli, seine Maße entsprechen jedoch weitestgehend der aktuellen Generation T6.1.

Auch im Innenraum greift VW auf bekannte Designs zurück: Das Cockpit mit 5,3-Zoll-Display basiert auf dem modularen Infotainment-Baukasten (MIB), der bereits beim E-Auto VW ID.3 zur Anwendung kommt.

Ab September 2022 ist der E-Bulli VW ID.Buzz erhältlich. Zunächst jedoch nur als Pkw und als Transport-Fahrzeug ID.Buzz Cargo. Erst 2025 soll der Campingbus-Ausbau California folgen.

Schon gewusst? Bereits in den 1970er-Jahren produzierte VW einen elektrischen T2 in Kleinserie. Hier einige Daten zum Schmunzeln: Höchstgeschwindigkeit 75 km/h und die Reichweite betrug (bei sehr sparsamer Fahrweise) maximal 80 Kilometer.


Tonke EQV

Im Campingbus Tonke EQV wird auch elektrisch gekocht.
Im Campingbus Tonke EQV wird auch elektrisch gekocht. © Tonke

Tonke setzt als Basisfahrzeug auf den elektrischen Mercedes EQV mit 5,14 Metern Länge. Erhältlich ist der elektrische Campervan in zwei Ausführungen: als Tonke EQV Adventure mit optionaler ausziehbarer Heckküche und als EQV Touring mit ausziehbarem Küchenblock im Innenraum. Die Modellvariante Touring ist serienmäßig mit einem elektrischen Induktionskochfeld sowie einem 2000 Watt starken Wechselrichter ausgestattet. In dieser Kombination lässt sich das Kochfeld auch ohne Landstrom betreiben.


Elektrocamper mieten bei Zero Campers

Zero Campers vermietet elektrische Campervans über kurz oder lang.
Zero Campers vermietet elektrische Campervans über kurz oder lang. © Zero Campers

Du willst Urlaub mit einem Elektro-Van einmal ohne langfristige Verpflichtungen ausprobieren? Kein Problem, denn elektrische Campingbusse lassen sich auch mieten. Zum Beispiel bei der Münchner Campingbusvermietung Zero Campers. Deren Flotte umfasst vier elektrische Campervans auf Basis des Citroën ë-Spacetourer Business Lounge.

Die kompakten E-Campingbusse sind für Reisen mit zwei Personen ausgebaut und mit Geschirr sowie Bettzeug ausgestattet. Ebenfalls mit dabei: die mobile Ladestation Juice Booster 2. Dabei handelt es sich um ein tragbares Ladegerät mit verschiedenen Adaptern. Damit soll sich der ë-Spacetourer nahezu an jeder Steckdose oder Wallbox laden lassen.

Als Mieter erhältst du von Zerocamper zwei Ladekarten, mit denen du den elektrischen Campervan an 150.000 öffentlichen Ladestationen gratis mit Strom betanken kannst. Spritkosten spielen während der Reise also keine Rolle. Wenn du Gefallen an dem elektrischen Campingbus findest, kannst du ihn bei Zero Campers auch im Abo zwölf Monate lang mieten.

Mehr Infos über die Langzeitmiete von Campingbussen findest du hier.


Fazit: viel Bewegung, aber auch an der richtigen Stelle?

Es tut sich was in Sachen E-Mobilität. Nicht nur bei den Antrieben setzen immer mehr Reisemobilhersteller auf Strom. Auch Kocher, Kühlschrank und Heizung werden bei E-Wohnmobilen häufig elektrifiziert.

Bleibt zu hoffen, dass die Ladeinfrastruktur bei dieser Entwicklung mithalten kann. Solarmodule eignen sich zwar zum Laden der Bordbatterie, für den elektrischen Antrieb reicht ihre Leistung aber bei weitem nicht aus.