Spanien begrüßt uns mit Hitze
Die südlichste Region Spaniens liegt gleich an zwei Meeren und ist zudem der südlichste Punkt des europäischen Festlands. Im Sommer sind 40°C keine Seltenheit, weshalb wir uns dazu entschieden, die zwei Wochen Pfingstferien zu nutzen, um den heißen Süden zu erkunden, in der Hoffnung, die größte Hitze so zu umgehen. Über 2.000 Kilometer trennten uns davon, eine spanische Siesta mitzumachen, feurigen Flamenco zu erleben und die weißen Dörfer zu erkunden. Wir freuten uns trotz der großen Distanz riesig auf das Abenteuer.
Gleich vorneweg: Zwei Wochen, um Andalusien mit dem Wohnmobil zu erleben, ist zu wenig Zeit. Wir hätten uns so sehr mindestens eine weitere Woche gewünscht. Da wir allerdings auf die Schulferien angewiesen sind, war dies nicht möglich und wir entschieden uns dazu, möglichst viele Kilometer in kurzer Zeit zu fahren, um mehr Zeit im Süden verbringen zu können. Um Mautkosten zu sparen, fuhren wir über die französische Atlantikküste und erreichten bereits am zweiten Urlaubstag die spanische Grenze. Hier wartete gleich eines der Highlights unserer Reise auf uns: die spanische Halbwüste Las Bardenas Reales in der Region Navarra. Bei glühender Hitze fuhren wir mit dem Wohnmobil auf einer Schotterpiste im Nationalpark durch die bizarre, trockene Landschaft und fragten uns das ein oder andere Mal, ob wir auf einem anderen Planeten gelandet waren.
Leider blieb die Fahrt über die unebenen Straßen nicht ohne Folgen: Ein Stück unseres Auspuffs löste sich und wir mussten eine Werkstatt aufsuchen. Zum Glück konnte uns in einer Werkstatt in Aranjuez geholfen werden. Während ein netter Spanier alles liegen ließ, um uns zu helfen, schauten wir uns bei sommerlichen Temperaturen die Schlossgärten der königlichen Sommerresidenz in Aranjuez an. Schon am Nachmittag konnten wir weiterfahren und übernachteten in Consuegra unter den Windmühlen, die vermutlich als Vorlage für Don Quijotes Kampf gegen die Riesen dienten.
Maurische Kunst in der Alhambra
Am nächsten Tag wollten wir endlich Andalusien erreichen und unser Abenteuer gleich mit einer der beliebtesten Touristenattraktionen Spaniens starten. Während die Fahrt durch die unzähligen Olivenplantagen zunächst ziemlich eintönig war, erblickten wir kurz vor Granada die ersten Gipfel der Sierra Nevada. Es schien uns unglaublich, dass oben auf den Bergen noch etwas Schnee lag und wir unten bei über 35°C schwitzten. Erst als die größte Hitze des Tages vorüber war, parkten wir auf dem überteuerten Parkplatz der Alhambra.
In der Hauptsaison ist es zwingend notwendig, im Vorhinein Tickets zu kaufen. Für den Besuch der Nasriden Paläste ist auch die Buchung eines Zeitfensters nötig. Wir hatten glücklicherweise am Tag zuvor die letzten Tickets für den Tag ergattert und freuten uns auf unseren Besuch. Wir waren sofort beeindruckt. Vor allem die detailreiche maurische Kunst hat uns imponiert. Aber auch die Aussicht auf Granada und die Sierra Nevada von der Festung Alcazaba war wunderschön. Einen Besuch der Alhambra können wir nur jedem empfehlen!
Auch wenn wir müde vom langen Tag und der Hitze waren, wollten wir den teuren und hässlichen Parkplatz der Alhambra wieder verlassen und suchten uns lieber ein ruhigeres Plätzchen. Etwas südlich von Granada fanden wir einen Parkplatz an einem Stausee bei Locrín und kamen genau rechtzeitig zum Sonnenuntergang.
Endlich am Meer
Nach der vielen Fahrerei sehnten wir uns danach, endlich am Meer zu sein. Und so fuhren wir am nächsten Morgen das letzte Stück an die spanische Mittelmeerküste, suchten uns einen Parkplatz an einer kleinen schönen Bucht und sprangen ins heißersehnte Wasser. Das Mittelmeer war zwar doch kälter als gedacht, aber die heißen Außentemperaturen ließen uns dennoch nicht zögern. Die Abkühlung währte leider nur kurz, bereits zurück am Wohnmobil schwitzten wir wieder bei 36°C und suchten verzweifelt nach ein bisschen Schatten für unsere Mittagspause. In Benalmadena drückten wir uns schließlich unter einen Baum auf einem Spielplatz und besuchten anschließend das kleine Schloss Castillo Colomares. Das Schloss selbst ist gar nicht so alt, wie es aussieht. Erst um 1990 wurde es zu Ehren der spanischen Seefahrer erbaut und vereint maurische, gotische, byzantinische und romanische Stilelemente. Da ein Teil des Schlosses wie ein Piratenschiff aussieht, waren die Kinder gleich Feuer und Flamme und eroberten die Festung.
Allerdings wurde uns auch hier schnell wieder zu warm und wir flüchteten zurück ins Wohnmobil, um zu einem Campingplatz mit Pool zu fahren. Wir hatten es mit einer selbst für Spanien im Juni außergewöhnlichen Hitzewelle zu tun und wurden leider am Abend auch Zeugen des ersten Waldbrandes, zum Glück in ausreichender Entfernung.
Abstecher nach Großbritannien
Seit unserer Elternzeitreise durch England, Schottland und Irland ist unser Sohn ein großer Fan von Großbritannien und nahezu jedes Mal kurz enttäuscht, wenn wir woanders hinfahren. Ein Besuch des britischen Überseegebiets Gibraltar war also unvermeidbar. Wir parkten unser Wohnmobil auf dem Stellplatz des Yachthafens von La Linea de la Concepcion und liefen von dort aus über die britische Grenze.
Hier erwartete uns eine Besonderheit: Um die Grenze nach Gibraltar zu überschreiten, muss man die Landebahn des Flughafens überqueren. Nicht nur die Kinder waren fasziniert. Nach dem typischen Foto in einer roten Telefonzelle buchten wir eine Taxitour auf den Tafelberg Gibraltars. Der Taxifahrer hielt an verschiedenen touristischen Highlights und erzählte uns viel über den britischen Außenposten. Zunächst hielten wir an einem Aussichtspunkt mit hervorragendem Blick über die Straße von Gibraltar und die Küste von Marokko. Nur wenige Kilometer trennten uns vom afrikanischen Kontinent.
Anschließend ging es weiter ins Nature Reserve. Hier leben die einzigen freilebenden Affen Europas. Laut einer Legende bleibt Gibraltar solange britisch, bis der letzte Affe gestorben ist. Kein Wunder, dass die Einwohner sie gerne pflegen, auch wenn die Berberaffen sehr frech sein können. Wir hatten Respekt vor den Tieren, die einem wohl gerne auch mal das Eis aus der Hand reißen oder den Rucksack öffnen. Gleichzeitig waren wir fasziniert davon, den Tieren so nah sein zu können.
Das Naturschutzgebiet begeisterte uns zudem mit einer Wahnsinnsaussicht, einer faszinierenden Tropfsteinhöhle und den historischen Verteidigungstunneln. Für alle war etwas Spannendes dabei und wir erreichten erst abends glücklich unseren Stellplatz am spanischen Hafen, wo uns ein wunderschöner Sonnenuntergang erwartete.
Zwischen den Meeren
Am darauffolgenden Tag fuhren wir nach Tarifa. Der Ort ist der südlichste Punkt des europäischen Festlandes. Außerdem treffen hier das Mittelmeer und der Atlantik aufeinander. Da ganzjährig ein starker Wind weht, ist die Stadt bei Surfern beliebt.
Wir erwischten einen besonders windigen Tag, denn der berüchtigte Ostwind Levante hatte eingesetzt. Zum Glück ist die hübsche Innenstadt windgeschützt und so schlenderten wir durch die gemütlichen weißen Gassen und genossen ein hervorragendes Mittagsmenü. Zwischen den Meeren wehte der Wind besonders stark und nur wenige, sehr geübte Windsurfer trauten sich auf das Wasser. Wir schauten fasziniert zu, mussten aber gleichzeitig aufpassen, dass uns die Brillen nicht von der Nase geweht wurden. Wir haben selten einen solch starken Wind erlebt.
Bevor wir zum Stellplatz in Caños de Meca fuhren, stiegen wir noch auf die Düne von Bolonia, genossen die wundervolle Aussicht auf die Bucht und kühlten uns anschließend im Atlantik ab. Beim Stellplatz von Caños de Meca wurden wir sehr freundlich begrüßt und fühlten uns gleich willkommen. Der Platz liegt am schönen Sandstrand mit Blick auf den historisch bekannten Leuchtturm von Trafalgar, sodass wir zum Sonnenuntergang noch eine Weile am Meer entlang spazierten. Dort fanden wir einige Thunfisch-Skelette und sogar einen ganzen angespülten Thunfisch, der den Weg ins Mittelmeer nicht geschafft hatte.
Karneval in Cádiz
Auch am nächsten Tag wütete der Levante und wir entschieden uns dazu, wieder in eine geschützte Stadt zu flüchten. Wir parkten am Hafen von Cádiz und stellten überrascht fest, dass der berühmte Karneval von Cádiz aufgrund von Corona in den Juni geschoben wurde und wir das letzte Wochenende davon miterleben durften. Wir liefen zunächst ein Stück auf der Stadtmauer, bevor wir uns ins Getümmel der engen Gassen der Innenstadt stürzten.
Bekannt ist der Karneval vor allem für die verschiedenen Musikgruppen, wie die Chirigotas, die an jeder Ecke spöttische Lieder singen. Wir lauschten den einzelnen Gruppen fasziniert und stärkten uns anschließend in der Markthalle mit leckeren Tapas. Bevor wir die hübsche Innenstadt wieder verließen, durften wir noch bei den Vorstellungen einer Flamenco-Tanzschule zuschauen, schon die Kleinsten machten beim feurigen Tanz mit.
Die weißen Dörfer Andalusiens
Die Nacht war äußerst unruhig, der Wind rüttelte an unserem Wohnmobil und es war sehr warm, da wir wegen des umherwehenden Staubes und Sandes die Fenster nicht weit öffnen konnten. Deshalb entschieden wir uns am Morgen, ins Landesinnere zu fahren, um uns Arcos de la Frontera anzuschauen. Der Ort zählt zu den schönsten weißen Dörfern Andalusiens. Die weiß getünchten Häuser stammen aus der Zeit der Mauren und verleihen den Dörfern einen besonderen Charme. Zudem sind viele der Dörfer an einen Hang gebaut und geben so einen bezaubernden Anblick ab. Gerade Arcos de la Frontera ist bekannt für die engen Gassen - als Fußgänger mussten wir das ein oder andere Mal in einen Hauseingang flüchten, um ein Auto passieren zu lassen. Auch der Ausblick über das andalusische Hinterland war überwältigend.
Eines der bekanntesten weißen Dörfer ist Ronda. Mittlerweile ist das Dorf eher zu einer Stadt herangewachsen. Der alte maurische Stadtteil wurde durch eine spektakuläre Brücke über die Schlucht El Tajo mit dem neuen Stadtteil verbunden. Der Anblick ist beeindruckend und wir sind nicht überrascht, dass Ronda nahezu jeden Reiseführer ziert. Die Nacht verbrachten wir auf dem schönen Stellplatz in Ronda.
Der nächste Tag war wieder sehr heiß, also fuhren wir zurück ans Meer und machten erst einmal Siesta. Wir fuhren ein Stück durch den Naturpark Cabo de Gata und hielten am wunderschönen Leuchtturm, bevor es uns zurück ins Wasser zog. Der Naturpark ist bekannt für seine wunderschönen Strände, umgeben von einer surrealen Landschaft vulkanischen Ursprungs und wir genossen das kühle Nass sehr.
Ab in die Wüste!
Für den darauffolgenden Tag hatten wir eine Überraschung für die Kinder geplant. Wir fuhren in die Wüste von Tabernas. Hier wurden viele der Italo-Westernfilme gedreht und die alten Filmkulissen sind teilweise erhalten geblieben. Daraus wurden drei größere Westernparks eröffnet. Während durch einen Lautsprecher „Spiel mir das Lied vom Tod“ lief, stapften wir am Saloon vorbei durch den heißen Sand und fühlten uns in eine andere Zeit versetzt. Das besondere Highlight der Kinder war das Schauspiel mit einigen Cowboys und Pferden. Gebannt schauten unsere drei Kinder zu, wie der Sheriff vom Balkon gestoßen wurde, bevor er den Banditen doch noch schnappen konnte. Ein rundum gelungener Ausflug.
Für unseren Schlafplatz nahmen wir einen kleinen Umweg in Kauf. Wir fuhren auf die Halbinsel La Manga. Während wir am Anfang noch leicht schockiert von den vielen Bettenburgen waren, fanden wir am Ende der Halbinsel eine ruhig gelegene kleine Bucht, bei der das Übernachten mit Blick auf das Meer geduldet wird, Meeresrauschen zum Einschlafen inklusive.
Vorbei an Spaniens Bettenburgen
Zum Frühstück gab es am Morgen Churros mit heißer Schokolade, vor allem bei spanischen Kindern wohl sehr beliebt. Wir mussten langsam die Heimreise antreten und ein Stück fahren. Leider ist ein Großteil der Küste um Alicante sehr mit Hotelanlagen verbaut, sodass es uns nicht traurig machte, diesen Teil zu überspringen. Vor allem Benidorm stach uns negativ ins Auge. Die Stadt hat die größte Hochhausdichte weltweit, im Sommer erhöht sich die Zahl an Einwohner von 70.000 auf 1,5 Millionen. Mehr Ruhe fanden wir im beschaulichen Altea. Mit der hübschen blauen Kuppel der Kirche, den engen weißen Gassen und dem wundervollen Ausblick über die Küste ist der Ort ein Schmuckstück an der Costa Blanca. Den Abend ließen wir auf dem Stellplatz in Xeraco ausklingen. Dieser gleicht einem Campingplatz und hat sogar einen kleinen Pool. Nach einer Abkühlung suchten wir uns im Ort etwas zu Essen und wurden in einer Tapasbar fündig. Wir waren begeistert von den vielfältigen leckeren Tapas, die an der Theke angeboten wurden. Am Ende wurden die Spieße gezählt und mit einem Euro pro Stück bezahlt.
An der Mittelmeerküste kam uns die Hitze deutlich unangenehmer vor. Während im Süden eine trockene Hitze herrschte, war es hier oft schwül und wir schwitzten sehr. Auch deshalb unternahmen wir weniger und gingen die letzten Tage hauptsächlich Baden. Besonders erwähnenswert ist auf unserer Heimreise der kleine Campingplatz Oasis Mar in Mont Roig. Wir konnten fast direkt am Strand parken und wurden sehr freundlich empfangen. Wir fühlten uns sehr wohl und es fiel uns umso schwerer, die Heimreise anzutreten.
Auch wenn unser Plan, die große Hitze zu umgehen, nicht aufgegangen ist, haben wir in Andalusien eine wundervolle Zeit gehabt. Man gewöhnt sich tatsächlich an die hohen Temperaturen und am Meer weht meist etwas Wind. Zudem passten wir uns den Spaniern an: Mittags zur größten Hitze machten wir eine lange Pause, abends waren wir alle lange wach. Wir hatten eine sehr abwechslungsreiche Reise und haben viel erlebt. Andalusien hat viel zu bieten und wir freuen uns darauf, wieder einmal in den äußersten Süden Europas zu fahren.